Stationäre Abrechnungsprüfung
Abrechnungsprüfungen im Krankenhaus: DRG und PEPP
Ein wesentlicher Teil der stationären und teilweise auch ambulanten Krankenhausbehandlungen wird im Bereich körperlicher Erkrankungen mit sogenannten Fallpauschalten (DRG – Diagnosis Related Groups) vergütet. Hierbei werden Behandlungen auf Grundlage bestimmter Kriterien einer Fallgruppe zugeordnet, kodiert und von den Krankenhäusern gegenüber den Krankenkassen abgerechnet.
Die Höhe der Vergütung richtet sich nach der Hauptdiagnose, Nebenerkrankungen, der Art der Behandlung sowie weiteren Faktoren wie Alter, Behandlungsdauer oder Verlegung des Patienten. Pflegekosten sind aus dem DRG-System ausgegliedert und werden gesondert vergütet. Daher wurde das ursprüngliche DRG-System in „aDRG-System“ umbenannt (das „a“ steht hier so-mit für „ausgegliedert).
Für besonders kostenintensive oder spezifische Leistungen, etwa die Gabe bestimmter Medikamente, werden Zusatzentgelte (ZE) berechnet.
Das aDRG-System wird kontinuierlich vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) und der Selbstverwaltung (GKV-Spitzenverband, PKV, DKG) weiterentwickelt. Auch medizinische Fachgesellschaften bringen ihre Expertise ein.
Für psychiatrische und psychosomatische Behandlungsfälle existiert ebenfalls ein leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem auf der Grundlage von sog. tagesbezogenen, pauschalierenden Entgelten (sog. PEPP-System – Pauschalierendes Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik), das den gleichen Prozessen zur Weiterentwicklung wie dem aDRG-System unterliegt.
Aktuell umfasst das aDRG-System rund 1.300 Fallpauschalen, das PEPP-System 85 pauschalierende Entgelte.
Auf einen Blick
Der Medizinische Dienst Nord (MD Nord) prüft im Auftrag der Krankenkassen, ob die vom Krankenhaus abgerechneten Behandlungen korrekt abgebildet und medizinisch gerechtfertigt sind.
Geprüft wird unter anderem:
- die korrekte medizinische Abbildung des Behandlungsfalls/Kodierung von Diagnosen und Behandlungen (DRG/PEPP),
- die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der stationären Behandlung,
- die medizinisch notwendige Dauer des Krankenhausaufenthaltes.
Aus der korrekten (medizinischen) Abbildung der Behandlungsfälle mit der Abrechnung von Fallpauschalen resultieren für die Krankenhäuser entsprechende Vergütungen und auf Seiten der Krankenkassen entsprechende Zahlungsverpflichtungen.
Für die korrekte Abbildung der stationär abgerechneten Behandlungsfälle sind für alle Beteiligten verbindlich geltende Regelwerke zu berücksichtigen, dies sind zum einen die sog. Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) für Diagnosen, Operationen und medizinische Prozeduren, zum anderen das klassifikatorische Verzeichnis für Diagnosen (ICD – Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) und ein entsprechendes Verzeichnis für Operationen- und Prozeduren (OPS). Über ICD und OPS werden die Diagnosen und medizinischen Maßnahmen von den Krankenhäusern in einem (alpha-) numerischen System verschlüsselt und automatisiert an die Krankenkassen übermittelt.
Neben der Abrechnungskontrolle bewertet der MD Nord auch neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Wirksamkeit sowie besondere Krankheitsverläufe oder seltene Erkrankungen im Hinblick auf die Kostenübernahme durch die Krankenkassen.
Der MD Nord gibt gutachtliche Empfehlungen, während die Krankenkassen die abschließende Entscheidung über die Kostenübernahme treffen. Beide Institutionen handeln unabhängig voneinander.
Die Krankenhausversorgung ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems – aber auch ein erheblicher Kostenfaktor. Rund 17 Millionen stationäre Behandlungen verursachen jährlich Kosten von etwa 70 Milliarden Euro für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV).
Um Beitragsstabilität und gerechte Vergütung sicherzustellen, prüft der Medizinische Dienst jährlich 5–15 % der Behandlungsfälle. In etwa 40–60 % dieser Fälle werden Unstimmigkeiten festgestellt.
Die Qualität der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst wird durch ein eigenständiges, bundesweit einheitliches Qualitätssicherungssystem kontrolliert und sichergestellt.
Zudem finden bedarfsweise Fallbesprechungen zwischen den Begutachtenden des Medizinischen Dienstes Nord und Krankenhausärztinnen und -ärzten statt.
Grundlage für die Begutachtung ist zudem eine Reihe von bundesweit geltenden Begutachtungsleitfäden und Begutachtungshilfen.
Zuständig für deren Erstellung ist auf Bundesebene die Sozialmedizinische Expertengruppe SEG4 („Vergütung und Abrechnung“) der Gemeinschaft der Medizinischen Dienste. In diesem Gremium sind sämtliche regionalen Medizinischen Dienste sowie der Medizinische Dienst Bund vertreten.
Fach- und Arbeitsgruppen aus allen Medizinischen Diensten mit entsprechend fachlicher Expertise, teilweise unter Beteiligung medizinischer Fachgesellschaften, sind an der Erstellung dieser Leitfäden und Begutachtungshilfen beteiligt.
Zu den wichtigsten Grundlagen gehören hierbei der jährlich überarbeitete „Begutachtungsleitfaden Stationäre Abrechnungsprüfung (DRG und PEPP)“ sowie die sog. Kodierempfehlungen der SEG4.
Diese haben für die Begutachtenden der Medizinischen Dienste verbindlichen Charakter und sind öffentlich über die Website des Medizinischen Dienstes Bund einsehbar.
In Streitfällen kann der Schlichtungsausschuss Bund angerufen werden. Dessen Entscheidungen sind für alle Beteiligten verbindlich.
Die Krankenhausabrechnungsprüfung nach DRG und PEPP durch den Medizinischen Dienst basiert auf einer Vielzahl gesetzlicher Regelungen und Verordnungen.
Die Vergütung stationärer Krankenhausleistungen ist in mehreren Gesetzen verankert:
- im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V),
- im Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG),
- sowie unter Berücksichtigung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) im DRG-Bereich
- und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) im PEPP-Bereich.
Das SGB V beschreibt die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Im Bereich körperlicher Erkrankungen erfolgt die Abrechnung seit 2003 nach dem DRG-System, während das PEPP-Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Krankenhäuser und Fachabteilungen seit 2009 gilt.
Krankenhausbehandlung gemäß SGB V
Die Krankenhausbehandlung ist in § 39 SGB V geregelt. Sie kann vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- oder nachstationär sowie ambulant erfolgen.
Hierzu zählen alle Leistungen, die – abhängig von Art und Schwere der Erkrankung – für die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten erforderlich sind. Dazu gehören auch neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die im Rahmen der medizinischen Entwicklung eingeführt werden.
Rechtliche Grundlage der Einzelfallprüfung
Die Rechtsgrundlage für die Einzelfallprüfung von Krankenhausabrechnungen findet sich in § 275 Absatz 1 Satz 1 SGB V. § 275c Absatz 4 SGB V regelt den Umfang und die Durchführung der Prüfungen von Krankenhausbehandlungen durch den Medizinischen Dienst.
Darüber hinaus sind für die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst weitere Paragrafen des SGB V relevant, die hier nicht im Detail aufgeführt werden.
Das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) bildet die Grundlage für die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und gewährleistet eine hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung.
Die Vergütung allgemeiner Krankenhausleistungen nach DRG und PEPP ist in den §§ 17b und 17d KHG festgelegt.
Weitere Details zur Vergütung:
- finden sich im Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG),
- in der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) der Selbstverwaltungspartner,
- sowie für den psychiatrisch-psychosomatischen Bereich in der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) und der PEPP-Vereinbarung (PEPPV).
Als „allgemeine Krankenhausleistungen“ gelten alle Leistungen, die im konkreten, patientenbezogenen Fall unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Krankheit medizinisch zweckmäßig und ausreichend sind.
Das Krankenhaus ist verpflichtet, diese Leistungen gemäß seines Versorgungsvertrages mit den Krankenkassen und im Rahmen seiner personellen und technischen Möglichkeiten zu erbringen.
Übersteigen die medizinischen Anforderungen die Möglichkeiten eines Krankenhauses, ist die Patientin oder der Patient in eine geeignete Einrichtung mit entsprechendem Versorgungsauftrag zu verlegen.
Mit dem MDK-Reformgesetz, das am 1. Januar 2020 teilweise in Kraft trat, wurden die Abläufe der DRG- und PEPP-Prüfungen durch den Medizinischen Dienst neu geregelt.
Ein zentraler Bestandteil ist die Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nach § 275 Abs. 1c SGB V und § 17c Abs. 2 KHG.
Sie wurde vom GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vereinbart und ist für Krankenkassen, den Medizinischen Dienst und alle zugelassenen Krankenhäuser verbindlich anzuwenden.
Wesentliche Eckpunkte der PrüfvV (gültig seit 01.01.2022):
- Die Krankenkasse muss dem Krankenhaus Auffälligkeiten innerhalb von 4 Monaten nach Rechnungseingang mitteilen.
- Nach Beauftragung durch die Krankenkasse informiert der Medizinische Dienst das Krankenhaus unverzüglich über die Einleitung des Prüfverfahrens und die gemeldeten Auffälligkeiten.
- Diese Anzeige muss innerhalb von 2 Wochen nach Beauftragung erfolgen.
- Über den Prüfort sollen sich der Medizinische Dienst und das Krankenhaus verständigen; gelingt dies nicht, entscheidet der MD über Art und Ort der Begutachtung.
- Beim MD Nord erfolgt die Prüfung in der Regel schriftlich; Vor-Ort-Prüfungen sind die Ausnahme.
- Die Krankenkasse muss ihre abschließende Entscheidung, ggf. mit Rückerstattungsanspruch, innerhalb von 9 Monaten nach Anzeige der Prüfung mitteilen.
- Ist das Krankenhaus mit der Entscheidung nicht einverstanden, kann es diese innerhalb von 6 Wochen bestreiten und eine inhaltliche Begründung einreichen.
- Gleichzeitig kann das Krankenhaus ein Erörterungsverfahren (EV) einleiten.
- Kommt es innerhalb der Fristen zu einer Einigung, wird das EV beendet; andernfalls gilt es nach 12 Wochen als abgeschlossen.
- Grundlage des EV sind alle relevanten Falldaten, Unterlagen und Argumentationen.
- Ein EV kann jederzeit einvernehmlich beendet werden. Wird keine Einigung erzielt, wird das Ergebnis dokumentiert.
Die Vielzahl gesetzlicher Grundlagen und Vereinbarungen verdeutlicht die Komplexität der Krankenhausabrechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst.
Neben stetig veränderten gesetzlichen und verfahrenstechnischen Rahmenbedingungen müssen die Begutachtenden des Medizinischen Dienstes Nord auch den medizinischen Fortschritt kontinuierlich berücksichtigen.
Sie handeln dabei fachlich und organisatorisch unabhängig und orientieren sich ausschließlich an ihrem medizinischen Wissen und Gewissen, um eine objektive und sachgerechte Beurteilung sicherzustellen.