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Vorwort des Verwaltungsrates

Hier keine ÜS zum Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Druck auf das deutsche Gesundheitswesen ist in den vergangenen Jahren immer höher geworden und damit auch die Belastung aller Beteiligten. Nicht vergessen werden darf dabei die ebenfalls steigende finanzielle Belastung der Beitragszahler. In den vergangenen fast drei Jahren hatte die Corona-Pandemie einen hohen Anteil daran, also auch im Jahr 2022. Nun lässt sie nach – doch viele Problembereiche bleiben. Die Probleme, die bereits vor der Pandemie bestanden haben, rücken außerdem verstärkt in den Fokus. Einer dieser Problembereiche ist die Pflege: Wir sehen, dass jedes Jahr mehr Menschen im Norden einen Antrag auf Pflegeleistung stellen, weil diese Anträge in der Regel direkt einen Auftrag zur Pflegebegutachtung auslösen. Der Gesetzgeber hat bisher keine Begründung vorgesehen, die Versicherte dafür vorlegen müssen. Allein im Januar 2023 sind bereits rund 20 Prozent mehr solcher Aufträge beim Medizinischen Dienst Nord eingegangen als noch im Vorjahresmonat. Wie soll das zu schaffen sein? Mehr Personal wäre nötig, was der MD Nord seit Jahren mit dem Anwerben weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versucht. Doch diese würden dann im System fehlen. Es muss der Mut da sein, neue Wege in der Begutachtung zu wagen!

Neue Wege will der Gesetzgeber offenbar nicht gehen. Die in der Pandemie bewährte Begutachtung mit Telefon-Unterstützung wäre eine Hilfe, die die Bundespolitik aber nach Ende der Infektionsschutz-Maßnahmen nicht dauerhaft zulässt. Sie will am Hausbesuch als Regelfall offensichtlich nicht rütteln. So kann es nicht weitergehen, wenn das System nicht kollabieren soll. Positiv sehen wir das Modellprojekt der zukünftigen Unterstützung per Video in der Begutachtung. Ohne weitere Veränderung sind die Versicherten jedenfalls die Leidtragenden, wenn die Medizinischen Dienste unlösbare Aufgaben übertragen bekommen.

Ein weiterer Problembereich ist der Krankenhaussektor. Durch ökonomische Fehlanreize innerhalb des Systems sind Überkapazitäten geschaffen worden. Doch kaum ist seit Anfang des Jahres ein Reformvorschlag auf dem Tisch, beginnen die Verteilungskämpfe. Viele der Akteure wollen von „ihrem“ Krankenhaus nicht lassen, obwohl es allen klar sein muss, dass es so nicht weitergehen kann. Positiv ist, dass der Medizinische Dienst ebenfalls eine feste Größe in der Krankenhaus-Begutachtung ist und seine Rolle als Teil der Reform gestärkt werden soll, wenn die Qualität der stationären Versorgung im Vordergrund stehen muss. Es darf jetzt nicht passieren, dass diese Reform erneut verwässert wird, weil einzelne Interessenverbände ihre Pfründe sichern wollen – was wieder zu Lasten der Versicherten geht. Maßgeblich für die Vorschläge zur Finanzierung der Krankenhäuser muss jedoch die Qualität der Krankenhaus-Leistung sein. Die Prüfungen der Strukturqualität in den Krankenhäusern durch den Medizinischen Dienst Nord haben bereits gezeigt: Dieser kritische Blick von außen ist wichtig und muss weiter unabhängig von finanziellen und politischen Interessen sein. Das kann der Medizinische Dienst nur leisten, wenn nicht von außen eingegriffen wird.

Es geht um die Sicherheit und Gesundheit von Menschen, die sich als Patienten unserem Gesundheitssystem anvertrauen – und es als gesetzlich Versicherte auch selbst tragen. Wir wollen, dass sich alle auch weiterhin auf eine unabhängige Prüfung durch den Medizinischen Dienst verlassen können. Den mehr als 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Medizinischen Dienstes Nord an den Standorten in Hamburg und Schleswig-Holstein hat der Gesetzgeber für 2023 bereits weitere, teils neue Aufgaben übertragen. Dazu gehören umfangreiche Prüfaufträge in der Psychiatrie und Psychotherapie sowie in der ambulanten Versorgung, von denen Sie ebenfalls in diesem Jahresbericht lesen werden.

Im Namen des Verwaltungsrates danken wir allen Beschäftigten, die diese Herausforderungen täglich annehmen. Dieses Gremium der Selbstverwaltung wird sich weiterhin intensiv dafür einsetzen, dass sie ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen können.

 

Jürgen Reimer und Mirko Knappe, alternierende Vorsitzende des Verwaltungsrates