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Die Abteilung Ambulante Versorgung begutachtet alle ambulanten Leistungen für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 

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Nicht nur die Frist im Blick, auch die Versicherten

Nicht nur die Frist im Blick, auch die Versicherten

Was gut gemeint war, hatte ungeahnte Auswirkungen: Mit dem Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz, kurz GVWG, hat der Gesetzgeber den Aufwand der Begutachtung für die Medizinischen Dienste deutlich erhöht. Die Folge: Die Abteilung Ambulante Versorgung hat in 2022 immer wieder Fälle vorziehen müssen, die einer gesetzlichen Bearbeitungsfrist unterlagen. Nicht fristgebundene Fälle hatten deshalb allerdings längere Begutachtungszeiten.

Das Mitte 2021 in Kraft getretene GVWG soll den Schutz von Versichertendaten bei den Krankenkassen verbessern und die Transparenz der Daten für die Versicherten erhöhen. „Im Ergebnis ist dadurch jedoch das für uns schlanke und effiziente Begutachtungs-Instrument der sozialmedizinischen Fallberatung (SFB) eingeschränkt worden“, erklärt Abteilungsleiterin Dr. Barbara Mörchen. Mit der SFB hatten bis dahin viele Versicherten-Anträge in kurzer Zeit vor Ort bei den Krankenkassen besprochen und abschließend begutachtet können. „Seitdem das so nicht mehr möglich ist, haben sich die Aufwände für die Begutachtungen und die Laufzeiten erhöht, weil wir nicht mehr Personal haben als zuvor – und wir auch nicht in der erforderlichen Anzahl neue Gutachterinnen und Gutachter anwerben können“, beschreibt Dr. Mörchen die Herausforderung. Die nun immer schriftliche Bearbeitung aller Begutachtungsaufträge, egal ob mehr oder weniger ausführlich, benötige mehr Zeit als die früher mögliche mündliche Fallberatung.

Eine weitere Auflage des GVWG hat das Problem noch verschärft: die eingeschränkte Befugnis der Krankenkassen, zugehörige Gesundheitsdaten ihrer Versicherten abzufragen. Somit können Fälle nicht mehr ausreichend von den Krankenkassen vorbereitet werden. Dies ist nun ebenfalls Aufgabe des Medizinischen Dienstes. „Verstärkt mussten wir in der Folge den Fokus auf alle Fälle legen, die mit einer Frist belegt sind“, so Dr. Mörchen. Das betraf Anträge zur Begutachtung laut Patientenrechtegesetz (PRG) mit Fristen von maximal fünf Wochen, sowie die Frist bei Anträgen zur Rehabilitation von 14 Tagen.

Die Folge: Damit sind im Jahr 2022 zwangsläufig Laufzeiten von Begutachtungen gestiegen, die nicht fristgebunden waren. „Aber da es hierbei nicht um lebenswichtige Entscheidungen ging, sondern wie bei Fällen von Arbeitsunfähigkeit und bei Widersprüchen meistens um Geld, war die Verzögerung vertretbar“, begründet Dr. Mörchen. Und das Geld sei den Versicherten später nicht verloren gegangen.

Außerdem hätten die Gutachterinnen und Gutachter im vergangenen Jahr viele Aufträge wie „Fristfälle“ bevorzugt bearbeitet, obwohl sie eigentlich keine waren. „Damit haben wir den Krankenkassen in der Startphase des komplexen Verfahrens die Arbeit erleichtert“, so Dr. Mörchen, was die Abteilung 2023 „nun auf das notwendige Maß zurückschrauben wird, um auch den Aufträgen mit längeren Laufzeiten wieder mehr Raum zu geben“, kündigt sie an.

„Der Wunsch der Gutachterinnen und Gutachter ist es, alle Fälle zeitnah zu bearbeiten - nicht nur die mit gesetzlich vorgegebenen Fristen. Sie sehen als Ärztinnen und Ärzte schließlich hinter den Anträgen auch die vielen Einzelschicksale und die oft medizinische Dringlichkeit von Entscheidungen hinter jedem Fall.“ Das könne eine benötigte Haushaltshilfe sein oder zum Beispiel bei Fragen zu Hilfsmitteln etwas, das über den unmittelbaren Behinderungsausgleich hinausgehe: „Viele dieser Versicherten benötigen oft Prothesen oder Rollstühle, um am Alltagsleben teilzuhaben, was vom Medizinischen Dienst deshalb auch zügig begutachtet werden sollte“, erklärt Dr. Mörchen. „Es ist uns allen bewusst, dass die Versicherten auf diese Leistungen warten.“ ♦

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