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Mit dem Planungstool besser auslasten und steuern

Wer hat Zeit für die Begutachtung? Wer hat die richtige Fachkompetenz? Telefonate und E-Mails mit solchen Fragen zwischen einzelnen Standorten gehören in der Abteilung Ambulante Versorgung inzwischen der Vergangenheit an. Mit dem neu entwickelten Dienstplanungstool können seit 2022 alle Aufträge zielgenau standortübergreifend zugeordnet werden. Das neue Tool sorgt so dafür, dass medizinische und technische Fachkenntnisse innerhalb der Abteilung optimal eingesetzt werden.  

Rund 108.000 ambulante Begutachtungsaufträge auf rund 75 Gutachterinnen und Gutachter zu verteilen – dieses Beispiel des Jahres 2022 wäre auch analog möglich. Doch die Zuordnung zu den passenden Gutachterinnen und Gutachtern erforderte bisher viel Koordinationsaufwand zwischen der Großstadt Hamburg und den Standorten in Schleswig-Holstein. „Wir haben schon vor längerer Zeit erkannt, dass es nicht zeitgemäß ist, in jeder Beratungsstelle und jedem Beratungs- und Begutachtungszentrum Personal mit den gleichen Fähigkeiten vorzuhalten. Erst recht nicht bei dem heutigen Fachkräftemangel“, erklärt Abteilungsleiterin Dr. Barbara Mörchen die Grundüberlegung.

„Überregional denken, nicht regional“, beschreibt Lutz Remshardt, der Abteilungsleiter Service, den nächsten Schritt, der zum Konzept und 2020 zum gemeinsamen Aufbau des Dienstplanungstools durch beide Abteilungen geführt hat. Die dafür notwendige IT-Anwendung ließen die Abteilungen extern programmieren und füllen sie seitdem mit Daten. „Damit es funktioniert, benötigten wir zuerst die komplette Übersicht aller Gutachterinnen und Gutachter der Abteilung“, schildert Remshardt den Aufbau. „Erfassen mussten wir nicht nur, wo sie arbeiten und wie ihre Teil-Arbeitszeiten sind, sondern auch ihre speziellen Begutachtungsthemen, ihre Skills.“

Nach einer Testphase im Beratungs- und Begutachtungszentrum (BBZ) Hamburg, konnten erstmals in 2022 alle Aufträge der Abteilung Ambulante Versorgung mit dem Dienstplanungstool zugewiesen werden. „Wenn zum Beispiel am Standort Hamburg alle Gutachterinnen und Gutachter ausgelastet sind, dann zeigt das System auch überregional an, wer wo die fachlichen Voraussetzungen hat, um einen Auftrag zu übernehmen“, beschreibt Remshardt.

Die dadurch erreichte gleichmäßige Auslastung aller Standorte hat einen weiteren Vorteil, den Dr.  Mörchen betont: „So harmonisieren wir die Laufzeiten der Gutachten über die Standorte hinweg.“ Vorher konnten diese je nach Auftragsbelastung und Gutachterressource an den Standorten unterschiedlich sein. Das war für nicht-fristgebundene Aufträge bedeutend.

Die Möglichkeiten dieser neu eingeführten IT-Anwendung gehen noch weiter: Mit Hilfe des Dienstplanungstools können die Aufträge jetzt leichter nach fachlichen Erfordernissen den passenden Gutachtenden zugeordnet werden. Denn anders als in anderen Abteilungen mit überwiegend gleichen Begutachtungsaufträgen hat die Abteilung Ambulante Versorgung sehr viele unterschiedliche: Hilfsmittel, Arbeitsunfähigkeit, Rehabilitation und Vorsorge, Behandlungsfehler, Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und Arzneimittel – insgesamt sind es sechs organisierte Fachbereiche und noch einige andere Begutachtungsanlässe.

„Damit die Zuordnung der verschiedenen Aufträge richtig funktioniert, planen wir Dienstpläne so, dass für alle benötigten ,Skills’ immer ausreichend Gutachtende im Dienst sind“ erklärt Anne Tasch, die zusammen mit ihrer Kollegin Yvonne Segner als Koordinatorin mit dem Tool eine Art Steuerungszentrale bedient. „Es ist ein System, das durch unsere Eingaben so präzise wie möglich ermittelt, wer für welche noch so spezielle Fragestellung gut geeignet ist“, erklärt Yvonne Segner. Vom BBZ Lübeck aus koordinieren beide über diese Schnittstelle für alle Standorte ebenfalls die Abwesenheiten der rund 75 Fachleute. Sie geben verblockte Zeiten ein, wenn jemand beispielsweise wegen Begutachtungen im persönlichen Kontakt, Dienstreisen, Fortbildungen, Einarbeitungen, Teamsitzungen und Gremienarbeit nicht verfügbar ist. Nur so kann das zuständige Serviceteam für die Verplanung der Aufträge immer eine aktuelle Personalübersicht nutzen.

Wichtig ist Abteilungsleiterin Dr. Mörchen, dass sie durch diese exakte Zuordnungsmöglichkeit den Wünschen ihrer Gutachterinnen und Gutachter weitgehend entsprechen kann, einen sogenannten „Fall-Mix“ zu bekommen, der mit ihren fachärztlichen Richtungen und Kenntnissen übereinstimmt. Das sei zwar immer schon analog geplant worden, durch die Digitalisierung ist es jetzt aber viel schneller, einfacher und präziser möglich: „Wir können perspektivisch sogar steuern, dass jemand zum Beispiel 40 Prozent Hilfsmittel- und 20 Prozent Arbeitsunfähigkeits-Begutachtungen bekommen soll, wenn er oder sie es so möchte. Vorausgesetzt natürlich, dass diese Wünsche insgesamt zur Auftragslage passen.“

Ein weiterer Vorteil ist die Urlaubsplanung, die früher Aufgabe der Teamleiter vor Ort war. Durch das Dienstplanungstool muss nicht mehr im BBZ Kiel, im BBZ Lübeck oder in der Beratungsstelle Flensburg sichergestellt werden, dass die Besetzung jederzeit ausreichend ist. Jetzt reicht es, wenn das standortübergreifend in der gesamten Abteilung der Fall ist.

Zusätzlich erleichtert das Tool der Abteilungsleiterin das Anwerben neuer Fachkräfte: „Bis auf die persönlichen Begutachtungen ist es jetzt unerheblich geworden, wo jemand seinen Arbeitsplatz hat. Wir können an den Standorten einstellen, an denen neue Kolleginnen und Kollegen für uns arbeiten möchten.“

„Die Pandemie war letztendlich der Beschleuniger dieser ganzen Entwicklung“, blickt Lutz Remshardt zurück. Sie habe zur 100-prozentigen Digitalisierung der Prozesse in der Abteilung Ambulante Versorgung geführt. Die heute erreichte Flexibilität sei früher nicht möglich gewesen, „solange Unterlagen wie medizinische Befunde und Berichte auf Papier hin und her transportiert werden mussten“. Und um die neuen Möglichkeiten durch das Dienstplanungstool jetzt noch besser zu nutzen, hat Remshardt begonnen, die zuarbeitenden Serviceteams seiner Abteilung umzustellen: Statt sie wie zuvor an jedem Standort jeweils alle Aufträge für alle Fachgebiete annehmen und vorbereiten zu lassen, bildet er mehrere sogenannter „Profiteams“.

In Anlehnung an die Zentren bei den Krankenkassen, bereiten diese Profiteams künftig nur jeweils ein Thema wie Arbeitsunfähigkeit oder Hilfsmittel zur Begutachtung vor, sind dafür aber fachlich vertieft damit vertraut. „Diese Teams werden damit die zentralen Ansprechpartner der Auftraggeber in den Zentren der Krankenkassen“, plant Remshardt. So könne die Fallbearbeitung von der Annahme vor, bis zum Versand nach der Begutachtung „quasi aus einer Hand“ von einem Serviceteam gesteuert werden. ♦